Selbstbewusste Glasbläser machten auch politisch Mut
SPD Homburg-Mitte feiert 90-jähriges
Bestehen
22. November 2002
[Wolfgang Kerkhoff: Entwurf für eine Rede des
Ortsvereinsvorsitzenden]
Ich würde mit Ihnen - mit euch - zusammen heute Abend
gern ein bisschen Geschichtsstunde machen. Nicht, um zu
belehren, sondern um an ein paar Sachen zu erinnern, die
für Homburg wichtig waren.
Die schlechte Nachricht heißt: Ich habe mir 13 Punkte
vorgenommen. Die gute Nachricht heißt, sie sind alle
sehr kurz.
Und weil das so ist, kommen bestimmte Ereignisse,
bestimmte Zusammenhänge und bestimmte Namen darin leider
auch nicht vor. Das ist in keinem Fall eine Wertung. Ich
sage das vorsorglich; denn ich werde wirklich sehr kurz
sein - müssen.
90 Jahre sind kein Pappenstiel. Nur die
Bruchhof-Sanddorfer waren wohl noch früher dran.
Hochachtung.
Man muss sich klar machen, in welche konkrete Situation
hinein die Sozialdemokrat/innen damals gingen. Unter der
Federführung von Stumms war 1877 ein "Komitee der
Arbeitgeber zur Bekämpfung der Sozialdemokratie"
geschaffen worden. Die Arbeitgeber einigten sich darauf,
keine Arbeiter zu dulden, "welche sich direkt oder
indirekt an sozialdemokratischen Agitationen beteiligen,
und zwar insbesondere durch Teilnahme an
sozialdemokratischen Vereinen und Versammlungen, durch
Halten und Verbreiten sozialdemokratischer Blätter oder
durch den Besuch von Wirtshäusern, welche sich zum
Auflegen von Zeitungen oder zum Abhalten von
Versammlungen dieser verderblichen Richtung hergeben.
Arbeiter, welche in Ausführung dieses Beschlusses
entlassen werden, sollen auf keinem anderen Werke
Aufnahme finden."
Das zitiert Bernd Schäfer in einem Beitrag zur
Geschichte des Ortsvereins Homburg-Mitte, es ist eine
Passage aus der Saarbrücker Zeitung vom 10. Juli 1877.
Und es spiegelt den Geist wider, der auch Anfang des 20.
Jahrhunderts bei uns die Verhältnisse bestimmt hat.
Umso größer muss der Respekt vor denen sein, die sich
damals getraut haben, den Kopf aus der Deckung zu heben
und klar zu sagen, was soziale Gerechtigkeit für sie
bedeutet.
Ohne sie hätte es wohl keine vernünftige Sozialordnung
und wohl auch später kein so genanntes Wirtschaftswunder
gegeben.
1912 - das war damals ein Obrigkeitsstaat, in dem für
Arbeitnehmerrechte kaum Platz war.
Zu Erinnerung: Damals gab es das Dreiklassen-Wahlrecht
und jedenfalls kein Wahlrecht für Frauen.
Trotzdem sind Frauen und Männer in Homburg damals für
sozialdemokratische Ideale eingetreten, obwohl sie nicht
nur theoretisch, sondern auch praktisch bedroht wurden.
Ums sie und ihre Nachfolger/innen geht es bei den paar
Bemerkungen, die ich anlässlich unseres Jubiläums noch
machen möchte.
***
Fangen wir an bei den
"Glaspatzen". Sie kamen an einem grauen Wintertag im
Schneematsch: 230 Männer, Frauen Kinder aus Oberfranken.
Die Glaspatzen wurden Anfang 1912 zu Geburtshelfern der
Sozialdemokratie in Homburg.
Das waren Facharbeiter, die von der Glasfabrik Sigwart &
Möhrle angeheuert worden waren. Das Unternehmen war
dort, wo heute Gerlach-Gelände ist. Der Standortvorteile
wegen habe man sich für Homburg entschieden, heißt es
später in einem Bericht. Unter anderem dürfte es dabei
um Kohle und um den Sand aus dem Innern des Schlossbergs
gegangen sein. Aber auch um die geographische Lage; denn
die Firma - die übrigens bis 1931 produzierte - lieferte
unter anderem Champagnerflaschen nach Frankreich und
Spanien.
Die selbstbewussten Glasmacher verstärkten nicht nur
zahlenmäßig eine kleine Gruppe von Sozialdemokraten, die
es in der 7.000-Einwohner-Stadt Homburg schon gab, die
sich aber in einem eher feindlichen Umfeld noch
zurückhielten.
Franz Oelkrug, Philipp Scheuermann, Karl und Fritz
Oberdörfer, Hermann Schöppe - sie redeten ab 1910 auch
öffentlich über Sozialismus und Demokratie, und sie
gehörten bei der Ortsvereinsgründung zum Kern-Team. Die
Glasspatzen hatten ihnen Mut gemacht, für ihre Ideale
noch stärker in die Offensive zu gehen.
Der nächste Schritt war die Gründung freier
Organisationen, zunächst der Gewerkschaft, deren Leitung
Fritz von Freital übernahm. Schon 1912 wurde auch der
Arbeiter-Turn- und -sportverein gegründet, dessen 1.
Vorsitzender H. Porzel wurde. Von 1914 bis zum Verbot
1935 war Franz Finkbeiner der Vorsitzende.
Auch ein Arbeitergesangverein wurde gegründet.
Inzwischen war die junge SPD-Ortsgruppe schon recht
schön angewachsen, bald waren es 50, dann 60, 100 und
sogar 150 Mitglieder. Das sind Informationen, die Willy
Sachs zusammengetragen hat.
Schwarz auf weiß gibt es allerdings nur wenig Quellen
für das, was die SPD damals konkret an Aktivität
entwickelte. Die amtliche Verfolgung
"sozialdemokratischer Umtriebe" und der Krieg sorgten
dafür, dass im Lauf der Zeit wertvolle Dokumente
verbrannt wurden oder im "Puddelloch" verschwanden.
Protokollbücher sind also nicht mehr vorhanden. Aber
Willy Sachs, in den 80-er Jhren gestorben, ein sehr
aktiver Sozialdemokrat, hat trotzdem ein ziemlich
plastisches Bild der Homburger Sozialdemokratie
gezeichnet.
Er stützte auf mündliche Berichte der Alten, und es wäre
eine schöne Aufgabe, das Material, das er gesammelt hat,
einmal zu einem Buch über die Homburger Sozialdemokratie
zu verarbeiten.
***
Klar: der 1. Weltkrieg
brachte einen herben Rückschlag für die Homburger SPD.
Aber danach waren die Sozialdemokraten sofort wieder da.
Gewerkschaften, Turner, Sänger nahmen ihre Arbeit wieder
auf, neue Organisationen wurden gegründet, wie zum
Beispiel der Arbeiterschachverein oder der
Arbeitersamariterbund, Die Sozialistische
Arbeiterjugend, die Arbeiterwohlfahrt und andere.
Die Partei wurde stärker als zuvor, "Willi Brüning hatte
viel zu tun, die Beiträge zu kassieren", schreibt Willy
Sachs. Und in seinen Aufzeichnungen taucht jetzt ein
Name immer häufiger auf: Heinrich Lieser, er wurde 1919
- mit 40 Jahren - in Homburg Parteisekretär. Er
organisierte für die Kommunalwahl 1920 einen engagierten
Wahlkampf, der laut Willy Sachs "riesig Spaß" machte,
"und die Mitglieder waren mit Feuereifer bei der Sache".
Da wundert man sich schon nicht mehr, dass die SPD als
Neueinsteiger gleich vier Mandate bekam, für Heinrich
Lieser, Franz Oelkrug, Reinhold Weber und Eduard Wilking.
Oelkrug wurde damals übrigens sogar Beigeordneter
(Adjunkt), was er 13 Jahre lang auch blieb. Ludwig
Conrad, auch er Adjunkt, Karl Müller aus Beeden (der
nach dem 2. Weltkrieg Bürgermeister wurde), Jakob Henkel
und Christan Aroldsen mischten in dieser lebhaften Zeit
als Sozialdemokraten in der Kommunalpolitik mit -
übrigens bald auch eine Frau, Anna Brüning, was für
einen Stadtrat durchaus noch ungewöhnlich war.
In den 20-er Jahren hat Homburg sich stark verändert.
Willy Sachs schreibt dazu: "Sei nur daran erinnert, dass
die Kaiserstraße bis 1932 im Winter noch ein übler
Schlammweg war, im Sommer gab es riesige Staubwolken. Es
gab noch kein Schwimmbad, keinen Saalbau. An dessen
Stelle stand Simons Wirtschaft, genannt ‚Simons Sälche',
die Bleibe der Sozialdemokraten und aller freien
Organisationen, und sie fühlten sich wohl dort."
***
Dort wird man sich oft
auch den Kopf über das verbrochen haben, was jenseits
der Grenze "im Reich" vor sich ging. Was auch auf
Homburg längst abfärbte.
Bald wurde es kritisch, die Nazis wurden hier stärker
und dreister. Wer als Sozialdemokrat aktiv war, bekam
Probleme, wurde öffentlich und handgreiflich attackiert.
Es gab Saalschlachten. Die SPD Homburg hatte unter ihrem
damaligen Vorsitzenden Ernst Grobeiß eine
Bewährungsprobe zu bestehen; denn immer öfter verließ
die aktiven Mitstreiter der Mut, für ihre Partei und
ihre Ziele einzutreten.
Etwas eigenartig und gewiss auch zweischneidig deshalb
eine Einschätzung, die Willy Sachs in der Festschrift
zum Jubiläumsjahr 1972 wiedergab: "Im großen und ganzen
blieben die Homburger Sozialdemokraten in der
nationalsozialistischen Ära unbehelligt", schreibt er,
um sich aber selbst auch gleich zu korrigieren: "eine
sicher gewagte Feststellung, wenn man weiß, dass alle
vor allem beruflich zu leiden hatten, dass es zu Strafen
und Verhaftungen aus nichtigen Anlässen kam. Einige
kamen auch in Konzentrationslager."
Karl Berg zum Beispiel, eine der markantesten Homburger
Sozialdemokraten dieser Zeit, wurde nach dem Attentat
1944 auf Hitler prompt verhaftet - die Order kam direkt
aus Berlin. Mit den Vorgängen hatte er zwar nichts
unmittelbar zu tun, aber er stand eben auf einer
schwarzen Liste der Nazis. Und es war nicht seine erste
Verhaftung.
1933, so erfahren wir in einer Reportage von Peter
Boullay, war es schon einmal so weit. Der Vorwurf:
Entfernung eines Lautsprechers bei der Führerrede im
Rathaus, Entfernung einer Nazifahne vom Schlossberg.
Karl Berg kommentierte die Vorfälle später trocken: "Ich
wär's ja gerne gewesen, es waren aber wieder mal die
Glasbläser." Die Glasmacher waren wirklich eine mutige
Truppe.
Bei der Saar-Abstimmung von 1935 war Karl Berg, ein
Gewerkschaftssekretär, ein klarer Befürworter des
Status-quo. Die Nazis waren im ein Gräuel. "Heim ins
Reich" kam für ihn nicht in Frage, so lange sie an der
Macht waren. Es war ein Ausdruck größter Zivilcourage,
dass er wie viele andere Sozialdemokraten auch auf
Landesebene offen für seine Ziele kämpfte, als die SPD
schon verboten war.
Nur: Der Abstimmungskampf 1935 ging bekanntlich
verloren, viele SPD-Aktive resignierten jetzt,
emigrierten oder - leisteten Widerstand. Das war
allerdings nicht die Mehrheit.
***
Wir kommen schon zu Punkt
5 und damit zur Stunde Null in Homburg.
Das Kapitel beginnt wieder mit dem Namen Karl Berg. Am
14. März 1945 war der schwere Bombenangriff auf Homburg,
vier Tage später kamen die Amerikaner.
Und noch am selben Tag fuhr vor Karl Bergs Wohnung in
der Entenmühlstraße ein Army-Jeep vor. Diesmal wurde
Karl nicht verhaftet, sondern um Hilfe gebeten.
Dass er auf einer schwarzen Liste der Nazis gestanden
und so viel Zivilcourage bewiesen hatte, machte ihn für
die amerikanische Militärkommandantur zu einem wichtigen
Mann.
Im Homburger Hof, wo die US-Führung Quartier bezogen
hatte, erfuhr er, dass die Amerikaner über ihn und
andere sehr gut Bescheid wussten. Er erfuhr auch, dass
die Amerikaner einen Bürgermeister und einen Landrat
suchten.
Die bekamen sie dann auch mit Karl Müller, der
Bürgermeister wurde, und Heinrich Lieser, dem Landrat.
Karl Berg selbst kümmerte sich um der Wiederaufbau der
AOK, Ernst Grobeiß übernahm das Arbeitsamt. Schwere
Zeiten des Wiederaufbaus, in denen es viele Probleme und
mangels Masse wenig Lösungen gab.
Die Sozialdemokraten formierten sich wieder, beteiligten
sich aktiv am "Beirat", den die Amerikaner als
vorläufigen Ersatz für den Stadtrat einsetzt. Den
wiedergegründeten Ortsverein leitete Karl Berg, der dann
auch die Gründung des Unterbezirks Homburg vorantrieb.
***
Der Krieg hatte in Homburg
enorm viel Zerstörung hinterlassen. Besonders der
bereits erwähnte 14. März. Die amtliche Statistik liest
sich kühl: von 3.270 Wohn- und Geschäftshäusern,
landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und gewerblichen
Anwesen wurden 1.790 bis zu 10 % beschädigt, 271 zu 50
%, 153 zu 70 %, 220 bis zu 85 % und 85 bis zu 100 %
beschädigt.
Total zerstört waren Bahnhof, Landratsamt, Arbeitsamt,
Gesundheitsamt. Teilweise zerstört beispielsweise
Rathaus und Hohenburgschule, das Amtsgericht und die
evangelische Kirche.
Die Mittel, um wieder zu einem normalen Leben
zurückzukehren, waren gering. Dem Stadtrat, der an die
Stelle des "Beirats" trat, blieb kaum mehr als die
Verwaltung des Mangels. Die Sozialdemokraten hatten
damals eine Oppositionsrolle, mit 5 von 27 Sitzen.
Ratsmitglieder waren Karl Müller, Ernst Grobeiß, Kurt
Conrad, Fritz Niebling und Willy Sachs. In der ersten
Ratssitzung am 22. September 1946 mussten sie sich unter
anderem mit der katastrophalen Wohnraumsituation und
einer gerechten Brennstoffverteilung befassen, aber auch
mit "besserer Ernährung bzw. höherer
Lebensmittelzuteilung für die Arbeiterschaft", wie es
über einem Antrag der SPD-Fraktion hieß.
***
Streng genommen war es
keine SPD-Fraktion, sondern eine SPS-Fraktion; denn die
SPD konnte es wegen des "D" damals ja nicht geben.
Dass zu diesen beiden Spielarten der Sozialdemokratie
auf Landesebene sogar noch eine dritte kam, die
überregional Aufsehen und Unruhe erregte, hat vor allem
mit einem bereits erwähnten Homburger Akteur zu tun, mit
Kurt Conrad.
Er war 1946 gerade aus der Kriegsgefangenschaft
zurückgekehrt, als er in einer Vorstandssitzung den
Rücktritt Karl Bergs von allen Ämtern erleben musste.
Dieser sah unüberbrückbare Gegensätze zwischen der
eigenen Überzeugung und der offiziellen SPS-Parteilinie.
Es ging dabei um die Gretchenfrage: Wie hältst du's mit
dem Verhältnis zur großen Schwester Bundesrepublik? Das
Saargebiet war damals abgetrennt, hatte einen
Übergangsstatus und sollte 1955 darüber entscheiden, ob
es den behalten oder nicht doch jüngstes Bundesland der
Bundesrepublik werden wollte.
In fast jeder Sitzung der Homburger Sozialdemokraten
ging es damals auch um die Lösung der "Saarfrage". Kurt
Conrad - inzwischen Unterbezirksvorsitzender - hielt gar
nichts von den Überlegungen, ein unabhängiges Saargebiet
als Teil einer europäischen Lösung anzustreben. In der
SPS sah man darin aber eine durchaus verlockende
Perspektive.
In der Partei begann es zu knirschen; denn Kurt Conrad
stand nicht allein. Die Gründung einer prodeutschen
sozialdemokratischen Partei für das Saarland wurde
vorbereitet. Das entsprach einem Bruch des Verbots der
SPD, wurde in Saarbrücken und Paris misstrauisch
beobachtet. Die Verfechter versammelten sich also
heimlich, zunächst in Orten jenseits der Grenze,
Vogelbach oder Bruchmühlbach: Hermann Diel, Alfred Kühn,
Wendel Mayer, Franz Roos, Heinz Stolpe waren dabei.
Kurt Conrad rief dann 1952 die Gründung der DSP aus, der
Deutschen Sozialdemokratischen Partei, der dritten im
Bunde. Kurt Conrad wollte eine sozialdemokratische
Partei, die bei der Volksabstimmung von 1955 ohne Wenn
und Aber für die Eingliederung in die Bundesrepublik
eintrat.
Die DSP etablierte sich von Homburg aus landesweit,
mangels rechtlicher Anerkennung durch die
Landesregierung konnte sie sich aber doch letztlich
nicht durchsetzen. Und durch die Wiederzulassung der SPD
nach dem Referendum blieb sie eine Episode der
saarländischen Geschichte.
Ein Homburger DSP-Ortsverein hatte allerdings bestanden,
mit Wendel Mayer als erstem und Ludwig Schwenk als
zweitem Vorsitzenden. Zwei Landesbeamte hatten also die
Courage, sich aktiv in einer Partei zu betätigen, die
der Landesregierung ein echter Dorn im Auge war.
Dass die kaum vermeidbare Konfrontation von SPS- und
DSP-Leuten in unserer Stadt keine wesentlichen
Verletzungen hinterlassen hat, das wollen wir dem
Chronisten Willy Sachs einfach mal so glauben ...
***
Noch einmal zu Kurt
Conrad. Er war ein international beachteter Repräsentant
der Rückgliederung. Als es darum ging, 1947 die neue
Verfassung des Saarlandes vorzubereiten, blieb er der
Schlussabstimmung demonstrativ fern. Sein dringendes
Anliegen, den wirtschaftlichen Anschluss an Frankreich
aus diesem Text herauszunehmen, war nicht mehrheitsfähig
gewesen.
Kurt Conrad war später, nachdem das Saarland schon für
Deutschland abgestimmt hatte, als Minister für Arbeit
und Wohlfahrt sowie als Innenminister, dann als
Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion und
Landesvorsitzender seiner Partei eine der starken
Figuren der saarländischen Politik.
Er war Minister, zuletzt im Kabinett von Franz-Josef
Röder, er war Fraktionsvorsitzender im saarländischen
Landtag, er war Landesvorsitzender der SPD. Er hat die
Periode nach dem zweiten Weltkrieg entscheidend geprägt.
***
Zurück zu
kommunalpolitischen Ebene. Auch hier haben
Persönlichkeiten unseres Ortsvereins das Geschehen
geprägt. Man kann sie unmöglich alle erwähnen.
Lassen sie mich daher stellvertretend Hermann Wittebrock
herausgreifen. Der Jurist führte mehr als zehn Jahre
lang die Stadtratsfraktion an und hat für die
programmatische Arbeit wichtige Anstöße gegeben. Er
hatte einen Punkt besonders zu seiner Sache gemacht -
die systematische Entwicklung der Innenstadt. Es wäre
sicher nicht verkehrt gewesen, in einigen Punkten besser
auf ihn zu hören, ist man heute geneigt zu sagen; denn
das Thema steht für die SPD Homburg-Mitte noch oder:
wieder ganz oben auf der Tagesordnung.
Und noch ein paar Namen will ich nennen -
stellvertretend für die vielen, die eine Menge Freizeit
für den Ortsverein geopfert haben.
Zum Beispiel Karl Haderlein, einen der bekanntesten
Homburger Kommunalpolitiker, der leider in diesem Jahr
gestorben ist. Er war ab 1982 ehrenamtlicher
Sozialbeigeordneter der Stadt. Ein Amt, in dem er
aufging und das ihm in einem bestimmten Sinn auch auf
den Leib geschrieben war. Auf der Seite der Schwächeren
hat er sich immer wohler gefühlt als anderswo.
Er hat sich durch seine unkomplizierte Art über
Parteigrenzen hinweg Anerkennung erworben. Und zwar
nicht nur für sich selbst, sondern auch für seinen
SPD-Ortsverein, den er mehr als zehn Jahre lang
anführte, und für die Fraktion im Stadtrat, der er zwei
Jahrzehnte lang angehörte.
Ich nenne Gerhard Schwenk, der als Juso und als
Ortsvereinsvorsitzender Akzente gesetzt hat; nenne
Marlis Schwenk, die Homburg im Landtag vertreten hat,
nenne Heidrun Möller, die das Mandat jetzt ausübt.
Ich nenne Heinz Tarrach, der 80 Jahre geworden und immer
noch fast so energiegeladen ist, wie er immer war;
Reiner Kurz, der als Fraktionsvorsitzender und
hauptamtlicher Beigeordneter eine wichtige Rolle
spielte, seinen Nachfolger als Fraktionsvorsitzender,
Dieter Knicker, der heute im Kreistag ist.
Und ich nenne Karl-Heinz Brabänder, der wie kaum ein
anderer der SPD im praktischen Umgang mit der
Bevölkerung ein Gesicht gegeben hat.
Johannes Rau hat einmal gesagt: "Kommunalpolitik ist der
Ernstfall der Demokratie" - jeder und jede von denen,
die ich jetzt genannt habe, und viele andere, die ich
nicht erwähnen konnte, können ein Lied davon singen,
dass das hundertprozentig stimmt ...
***
Der SPD-Ortsverein
Homburg-Mitte ist heute mit rund 250 Mitgliedern einer
der beiden großen Ortsvereine im Stadtverband Homburg.
Dieser Stadtverband steht ebenfalls vor einem Jubiläum;
denn in seiner jetzigen Form existiert er im Jahr 2004
genau 30 Jahre. Er ist ein Produkt der Gebietsreform von
1974.
Er hat aber Vorläufer, die vom Ortsverein Homburg-Mitte
ausgingen. So wurde im Juni 1953 der Beschluss gefasst,
eine Großortsgruppe Homburg zu gründen.
Theo Weber für die Stadt und Alfons Roth für Erbach
waren die Exponenten. Das war damals noch SPS. Den
SPD-Großortsverein Homburg gab es ab 1955, nach dem
Referendum. 1. Vorsitzender war dann Kurt Conrad,
Mitstreiter waren Franz Roos und Erich Winter.
Kurt Conrad spürte, dass es wichtig ist, auf der Ebene
der Stadt die Kräfte zu bündeln und über
Stadtteilinteressen hinweg kommunalpolitisch einen roten
Faden zu ziehen. Er hatte wegen seines landespolitischen
Engagements aber nicht immer die Zeit, sich intensiv
darum zu kümmern. Er wollte auch nur übergangsweise den
Stadtverband führen, Nachfolger wurde Peter Springer.
Zu diesem Zeitpunkt war es nach langen Gesprächen und
Verhandlungen auch endlich gelungen, dem Stadtverband
eine Satzung zu geben, die alle Ortsvereine akzeptierten
und die Grundlage für eine effiziente Arbeit werden
sollte.
***
Beim Referendum 1955 und
bei der Kommunalwahl in Stadt und Kreis wurden die
Sozialdemokraten stärkste Partei.
In Homburg gab es im Mai 1956 die ersten Wahlen unter
den neuen Bedingungen. CDU, SPD und FDP/DPS errangen als
"Heimatbund" die Ratsmehrheit, unter ihnen bildete die
SPD die stärkste Fraktion.
Bernhard Ziegenbein von der SPD wurde hauptamtlicher
Bürgermeister, nachdem Kurt Conrad kommissarisch die
Geschäfte geführt hatte.
Mit dem "Werkmeisterplan" wurde für Homburg zum ersten
Mal systematisch und auf wissenschaftlicher Grundlage
ein Entwicklungskonzept geschaffen.
Damals wurde die SPD in Homburg kommunalpolitisch zur
treibenden Kraft. Der Ortsverein Homburg-Mitte florierte
unter der Leitung von Karl Stöcklein. Aus den
Kommunalwahlen von 1960 ging die SPD als stärkste
Ratsfraktion hervor, auch 1964 machte sie das Rennen.
Dass ihr das gelang, hatte unter anderem mit einem
mutigen Vorstoß zu tun. Im Kommunalwahlkampf 1964 wurde
zum ersten Mal mit einem 10-Punkte-Programm geworben,
heute würde man sagen: Es wurde ein Leitbild erarbeitet.
Was die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Peter
Springer damals auf die Beine stellte, fand in der
Öffentlichkeit große Anerkennung, weil politische
Entscheidungen nachvollziehbar und Entwicklungen planbar
wurden.
Allerdings wurde auch nicht alles Wirklichkeit, was auf
dem Wunschzettel stand: Bis heute ist der alte Plan, ein
Kulturhaus zu bauen, mangels finanzieller Möglichkeiten
nicht in die Tat umgesetzt.
Was und sonst noch fehlt und was wir als Ortsverein noch
anpacken wollen, das werde ich jetzt nicht sagen. Nur
einen Hinweis dazu: Auf der Internetseite des
Stadtverbandes steht dazu ein ausführliches Papier, das
wenig Fragen offen lässt. Es wird auch die Basis bilden
für das Arbeitsprogramm, mit dem wir optimistisch in die
Kommunalwahl des Jahres 2004 ziehen werden.
***
Es folgt - wir sind schon
beim zweitletzten Punkt - eine knappe Bildbeschreibung.
Wir haben es offenbar mit einer weitgehend gewaltfreien
Demonstration zu tun. Transparente sind im Bild:
"Flutlichtanlage: ja; Gleichstellungsstelle: nein"
können wir auf einem von ihnen lesen. Eine bewegte Zeit,
es war 1987. SPD-Fraktionsvorsitzender Reiner Kurz und
CDU-Mann Heinrich Biewer versuchen Ordnung in die
Situation zu bringen. Am rechten Rand sehen wir einen
weiblichen Harry Potter, eine Sandwichfrau mit der
Botschaft: "Auf die Dauer hilft nur Frauen-Power".
Sie trägt offenkundig Latzhose, ihr Blick verrät: "Ich
zeig's euch noch".
Das Foto befindet sich in der Broschüre, die der
Ortsverein Homburg-Mitte 1987 bei seinem 75-Jährigen
herausgebracht hat.
Schön, dass die Frau vom rechten Rand - pardon - heute
da ist, immer noch gewaltfrei. Es ist Astrid Klug, seit
vielen Jahren unser Vorstandsmitglied, seit einigen
Jahren stellvertretende Landesvorsitzende, seit kurzem
unsere Frau in Berlin.
Das ist vielleicht das schönste Geschenk für den
Ortsverein, dass wir im Jubiläumsjahr eine
Bundestagsabgeordnete in unseren Reihen haben. Das ist
eine echte Premiere.
Lothar Fischer aus Erbach hat bisher unsere Interessen
in Bonn und in Berlin vertreten, jetzt ist es eine Frau
aus Homburg-Mitte. Ich glaube, man wird uns heute Abend
nachsehen, dass mir do druff e bissje stolz sinn ...
***
Das ist die Realität des
Jahres 2002, genau 90 Jahre nachdem die Sozialdemokratie
in Homburg richtig Fuß gefasst hat.
Meine Damen und Herren,
Sie haben es geschafft, ich bin am Ende. Ich möchte
aber, bevor Sie aufatmen, noch einmal ganz kurz auf die
Broschüre "75 Jahre SPD Homburg-Mitte" zurückkommen.
Diesmal nicht mit einer Bildbeschreibung, sondern mit
einem Zitat. Es hat mit Aufatmen zu tun, es handelt sich
um einen Appell von Hans-Jochen Vogel, der 1987
Bundesvorsitzender der SPD war.
Für die notwendige praktische Arbeit der Partei, sagt
er, gelte jetzt: "Das eigene Profil erkennen lassen!
Türen und Fenster auf! Die Menschen dort abholen, wo sie
sich aufhalten, Mitglieder werben! Das Zeitbudget
verändern - weniger Zeit auf den inneren Betrieb, mehr
Zeit auf die Vertrauensarbeit verwenden! Mehr
Selbstdisziplin!"
Das ist kein schlechtes Motto für das, was in den
verbleibenden Tagen dieses Jubilumsjahres, vor allem
aber danach zu geschehen hat.
Wir freuen uns über jeden und jede, die dabei mitmacht.
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Der SPD-Landesvorsitzende
Heiko Maas überreichte die Ehrennadeln für langjährige
Mitgliedschaft., Foto: WolkeScript
Gäste aus den anderen
Homburger SPD-Ortsvereinen nutzten die Gelegenheit zum
Erfahrungsaustausch. Foto: WolkeScript
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